Liebe Freundinnen und Freunde,
zum Earth Day ist vielerorts wieder vom Schutz der Umwelt die Rede.
Aber vielleicht liegt genau hier ein Denkfehler: Wir sprechen von Umwelt, obwohl wir eigentlich Mitwelt meinen.
Was ist der Unterschied?
Umwelt ist das, was uns umgibt. Außen. Entfernt. Etwas, das wir betrachten, gestalten – oder nutzen. Etwas, das nicht wir sind.
Mitwelt dagegen beschreibt nicht das, was außerhalb von uns liegt, sondern das, worin wir gemeinsam existieren – als Teil eines komplexen, lebendigen Netzwerks. Die Mitwelt ist Beziehung. Miteinander. Gegenseitige Abhängigkeit.
Der moderne Mensch hat sich Stück für Stück aus diesem Gefüge herausdefiniert.
Wir leben klimatisiert, bewegen uns – bestenfalls elektrisch – durch versiegelte Städte und konsumieren global, während das Insektensterben vor der eigenen Tür kaum noch auffällt.
Wir reden von «der Umwelt», als wären wir Beobachter – nicht Beteiligte.
Diese Entfremdung ist tief verankert:
- in einer Kultur, die «Natur» als Gegensatz zum Menschlichen versteht,
- in einem Wirtschaftssystem, das natürliche Grenzen oft ignoriert,
- in Technologien, die uns aus biologischen Rhythmen herauslösen.
Was wir heute erleben – Klimakrise, Artensterben, Wasserknappheit – ist kein abstraktes Signal von außen. Es ist das Echo einer Mitwelt, die aus dem Gleichgewicht geraten ist – durch unser Zutun.
In diesem Sinne kann der Earth Day mehr sein als ein symbolischer Aktionstag. Vielleicht ist er eine Einladung, etwas wieder zu entdecken: Verbindung.
Nicht: «die Umwelt schützen». Sondern: Mitwelt leben – mit Achtsamkeit, Verantwortung und einer veränderten Perspektive auf das Ganze.
Was daraus konkret entstehen kann, bleibt individuell. – Vielleicht sind es kleine erste Schritte:
- Erde spüren: Draußen sein. Ohne Funktion. Einfach sehen, fühlen, hören und riechen.
- Kreise schließen: Bewusster konsumieren, weniger kaufen. Reparieren statt ersetzen. Nicht alles Machbare ist sinnvoll.
- Mitwelt denken: Nicht nur, was mir nutzt – sondern auch, was das Leben um mich herum braucht.
- Stimme erheben: Für ein Mitweltverständnis in Bildung, Politik und Wirtschaft.
Es geht vielleicht weniger darum, alles zu verändern – sondern darum, wieder Teil zu werden. Nicht nur ökologisch, sondern auch kulturell und emotional. Nicht als Benutzer eines Ökosystems, sondern als Mitbewohner, denn wir sind mittendrin.